Erwin Rabau
Geb.: 1899 in Berlin
Fachgebiet: Gynäkologie
Alija: 1933
Erwin Rabau wurde am 15. November 1899 als zweites Kind des Kaufmanns Max Rabau und seiner Frau Bertha in Berlin geboren. Nach dem humanistischen Gymnasium wurde er eingezogen und diente im Ersten Weltkrieg in einer Artillerie-Einheit an der Westfront. Im Anschluss begann er sein Medizinstudium, das er in Berlin und Heidelberg absolvierte. 1924 schloss er mit einer Promotion über „Ein(en) Fall von ausgetragener Extrauteringravidität“ ab. Während des Studiums hatte der vielseitig interessierte angehende Arzt auch Vorlesungen über Philosophie, Kunstgeschichte und Literatur gehört. Zudem war er zu dieser Zeit bereits zionistisch engagiert und Mitglied der Jugendorganisation Blau-Weiß.
Seine medizinische Fachausbildung begann Rabau am Robert-Koch-Institut sowie an der Charité. Ab 1924 arbeitete er in der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses Moabit und wurde Assistent bei Moritz Borchardt, wo auch Max Marcus tätig war. 1926 wechselte er zu Siegbert Joseph in die Gynäkologie und erhielt im April 1930 die Stelle des Oberarztes und Leiters der Schwangerenfürsorgestelle im Bezirk Tiergarten. Rabau war ständiger Mitarbeiter bei Georg Klemperers Zeitschrift Therapie der Gegenwart und Referent für Gynäkologie und Geburtshilfe. Zudem leitete er die Krankenpflegeschule. Siegbert Joseph lobte seinen Kollegen Rabau vor allem für sein Engagement für werdende Mütter, die aus sozial benachteiligten Verhältnissen stammten. Rabau habe vorbildlich den Zusammenhang zwischen Arzt und Patient gepflegt: „Besonders die einfachen Patienten haben ihn gern, nicht nur als Arzt, sondern als persönlichen Berater in Anspruch genommen.“
Nach dem Aufstieg der Nationalsozialisten floh Rabau im Mai 1933 überstürzt nach Palästina. Er hatte eine Warnung von Max Leffkowitz‚ Ehefrau erhalten, dass er auf der Liste der Gesuchten stehe. Rabaus Eltern und seine Geschwister Alfred, Margarete und Kurt emigrierten ebenfalls rechtzeitig nach Palästina.
In Tel Aviv angekommen erhielt der deutsch-jüdische Mediziner zunächst keine Anstellung; er war daher gezwungen eine eigene Praxis zu eröffnen. Rabau gehörte zu den vierzig, überwiegend aus Deutschland stammenden Ärzten, die später gemeinsam das private Krankenhaus Assuta in Tel Aviv gründeten.
1935 heiratete Rabau Ziona Katinsky, eine Sabres, also im Land Geborene, deren Familie zu den Gründern Tel Avivs gehörte. Das Ehepaar bekam drei Kinder: Nurith, Yael und Micha. Der Sohn trat später in die Fußstapfen des Vaters und wurde Professor für Chirurgie am Ichilov Krankenhaus in Tel Aviv.
1936 wurde Rabau von seinem Freund Harry Heller in das neugegründete Beilinson Krankenhaus geholt, wo er die Leitung der gynäkologischen Abteilung übernahm. Die Familie lebte auf dem Gelände des Krankenhauses gemeinsam mit den übrigen Ärzten, viele davon stammten aus Deutschland. Nach den erfolglosen Auseinandersetzungen über die Arbeitsbedingungen am Krankenhaus mit der Kupat Cholim kündigte Rabau und ging an das Tel Aviver Yarkon Hospital. 1951 wechselte er dann an das neu gegründete Tel haSchomer Krankenhaus, wo er die Frauenabteilung aufbaute und seine erfolgreiche Forschung zu Sterilität und künstlicher Befruchtung fortführte. 1959 wurde er an die Hebräische Universität Jerusalem berufen und unterrichtete auch an der Tel Aviv Universität.
Rabau spezialisierte sich auf die Behandlung weiblicher Sterilität und führte 1967 eine neuartige Hormonbehandlung ein. Neben seiner Tätigkeit in Tel haSchomer führte er auch weiterhin seine erfolgreiche Privatpraxis. Erwin Rabau, der tausende Kinder entbunden hatte, wurde zum Ehrenbürger der Stadt Tel Aviv ernannt.
Der Mediziner war ein großer Kunstliebhaber und verfügte über eine außergewöhnliche Sammlung. Neben Gemälden zählten dazu vor allem Kerzenständer. Seine Liebe für Kunst und Kultur gab Rabau an seine Kinder weiter: Nurith Kennan Kedar wurde Professorin für Kunstgeschichte, Yael Katzir Professorin für Geschichte und Filmemacherin. Sohn Prof. Dr. Micha Rabau folgte in die medizinischen Fußstapfen des Vaters und ist Chirurg an den Krankenhäusern Ichilov und Assuta.
Erwin Rabau starb im Juni 1983 im Alter von 83 Jahren in Tel Aviv.
Foto: © Archiv der Familie
Quellen:
Christian Pross/Rolf Winau (Hg.), Nicht mißhandeln. Das Krankenhaus Moabit 1920-1933. Ein Zentrum jüdischer Ärzte in Berlin. 1933-1945. Verfolgung – Widerstand – Zerstörung, Berlin 1984.
Ziona Rabau, Be-chasara le-Tel Aviv. Sichronot, Tel Aviv 1982 (hebr.).
Nurith Kenaan-Kedar, Hitnagschut ha-tarbuiot be-erez Israel, http://www.irgun-jeckes.org/?CategoryID=290&ArticleID=1239 (hebr.).
Institut für Zeitgeschichte/Research Foundation for Jewish Immigration (Hg.), Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933, Bd. 2, München 1983.
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