Geb.: 1887 in Wronke (Posen)
Fachgebiet: Innere Medizin
Alija: 1934

Hermann ZondekHermann Zondek wurde am 4. September 1887 in der Kleinstadt Wronke (Provinz Posen) als erster Sohn des Textilhändlers Abraham Zondek und seiner Frau Sara geboren. Nach dem Besuch der örtlichen jüdischen Gemeindeschule wechselte er in eine „höhere Privatknabenschule“. Da er dort kein Abitur machen konnte, musste Herman seine Heimatstadt verlassen und legte auf einem „Vollgymnasium“ im Städtchen Rogasen 1907 die Reifeprüfung ab.

Noch im selben Jahr begann Hermann Zondek an der Universität Göttingen mit dem Studium der Medizin, das er nach einem Jahr in Berlin fortsetzte und 1912 mit dem Staatsexamen sowie der Doktorarbeit „Zur Topographie in der Niere“ erfolgreich abschloss. Um die Approbation zu erhalten, folgte ein praktisches Jahr an der Berliner Charité, zunächst an der Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten sowie weitere vier Monate auf der Inneren Abteilung. 1913 verließ Dr. Zondek Berlin und nahm eine Stelle als Assistenzarzt an der Universitätskinderklinik in Freiburg an.

Ein Jahr später kehrte Hermann Zondek nach Berlin zurück, wo er erneut in der Charité tätig wurde, nunmehr hauptsächlich in der medizinischen Forschung. 1918 veröffentlichte er seine grundlegende Arbeit über das Myxödemherz, aus dem Teilbereich der Inneren Medizin, des damals noch im Anfangsstadium befindlichen Fachgebiets der Endokrinologie. Es folgte 1919 die Habilitation zum Privatdozent und 1921 die Berufung zum außerordentlichen Professor für Innere Medizin an der Berliner Universität. 1925 wurde Professor Zondek Direktor des Urban-Krankenhauses in Berlin, das sich unter seiner Leitung zum wichtigsten klinisch-endokrinologischen Forschungszentrum in Deutschland entwickelte. Sein Lehrbuch „Die Krankheiten der endokrinen Drüsen“ wurde zum Standardwerk und in viele Sprachen übersetzt. Neben seinem hervorragenden Ruf als Wissenschaftler war er auch als Arzt hochgeschätzt. Zu seinen Patienten zählten neben dem damaligen Außenminister Gustav Stresemann weitere Prominente aus Politik und Gesellschaft der Weimarer Republik.

Kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten besetzten SA-Männer das Urban-Krankenhaus und entließen Direktor Zondek sowie alle anderen jüdischen Ärzte mit sofortiger Wirkung. Noch am gleichen Abend flüchtete Hermann Zondek mit seinem Bruder Samuel, der gleichfalls Mediziner war, in die Schweiz, von wo sie nach kurzem Aufenthalt in Richtung Großbritannien weiterreisten. In Manchester erhielten sie Stellen am „Victoria Memorial Jewish Hospital“, wobei sie gezwungen waren, medizinische Vorlesungen und praktische Kurse zu belegen, da die britische Regierung die deutsche Ausbildung nicht anerkannte. Deswegen entschlossen sich die beiden Ärzte nach Palästina auszuwandern. In Jerusalem übernahm Hermann Zondek die Leitung der Bikur Cholim Klinik und eröffnete eine eigene Praxis. Sein hervorragender Ruf als Internist verbreitete sich schnell und Dr. Zondek behandelte bald Patienten aus nahezu allen arabischen Anrainerstaaten. Darunter so Prominente wie etwa die damaligen Ministerpräsidenten von Syrien und Ägypten. „Ich war ein gesuchter Spezialist des Mittleren Ostens geworden“, schrieb Hermann Zondek nicht ohne Stolz in seine Memoiren.

Nach dem frühen Tod seiner Frau Elly, mit der er eine Tochter und einen Sohn hatte, heiratete er 1949 seine Cousine Gerda Wolfsohn, eine Ärztin, die tatkräftig an seinen medizinischen Forschungen mitwirkte.

1951 wurde der deutsch-jüdische Mediziner zum Professor für Endokrinologie an die Hebräische Universität in Jerusalem berufen. Seine grundlegenden Forschungen speziell über Herz-, Nieren- und Stoffwechselerkrankungen hatten ihn zu einem weltweit anerkannten Spezialisten gemacht. „Wir hatten den Vorzug, dass Sie und ihr begabter Bruder [Bernhard] zu den Großen der Wissenschaft gehören, sich in unserem Land niederließen und Israel zu einem wichtigen Zentrum der medizinischen Forschung und Heilkunst machten“, würdigte David Ben Gurion die Leistungen Hermann Zondeks. Der Arzt war Mitglied der „Israel Academy of Sciences and Humanities“, der britischen „Royal Society of Medicine“, Präsident der „Israel Endocrine Society“ und Träger des „Henrietta Szold Prize“ sowie Ehrenbürger der Stadt Jerusalem.

Hochgeachtet starb Professor Hermann Zondek 1979 im Alter von fast 92 Jahren in Jerusalem.

Die Gebrüder Hermann, Bernhard und Samuel Zondek gehörten zu den herausragenden medizinischen Wissenschaftlern des 20. Jahrhunderts. Als Juden wurden sie 1933 aus dem ärztlichen Dienst entfernt; sie flüchteten über die Schweiz zunächst nach England beziehungsweise nach Schweden. 1934 ließen sich die Drei in Erez Israel nieder und führten dort ihre Forschungen auf den Gebieten der Endokrinologie, Gynäkologie und Pharmakologie erfolgreich fort. Die Zondek-Brüder trugen dazu bei, dass Israel zu einem bedeutenden Zentrum der Humanmedizin wurde.

Foto: Professor Hermann Zondek, © Courtesy of the Leo Baeck Institute

Quellen:
Hermann Zondek, Auf festem Fuße. Erinnerungen eines jüdischen Klinikers, Stuttgart 1973.
Walter Tetzlaff, 2000 Kurzbiographien bedeutender deutscher Juden des 20. Jahrhunderts, Lindhorst 1982.
Institut für Zeitgeschichte/Research Foundation for Jewish Immigration (Hg.), Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933, Bd. 2, München 1983.
H. Schwiegk, Lebensbild. Prof. Hermann Zondek zum 80. Geburtstag, in: Münchner Medizinische Wochenschrift 109, 38 (1967).