Geb.: 1891 in Wronke (Posen)
Fachgebiet: Gynäkologie
Alija: 1934

Prof. Bernhard Zondek, © Courtesy of the Leo Baeck InstituteBernhard Zondek wurde am 29. Juli 1891 in Wronke geboren. Wie sein älterer Bruder Hermann besuchte Bernhard die Volksschule, dann eine höhere Privatknabenschule und legte 1911 das Abitur am Gymnasium in Rogasen ab. Im Anschluss begann er ein Medizinstudium in Berlin, das er während des Ersten Weltkriegs jedoch unterbrechen musste, um als Sanitätsoffizier in verschiedenen Militärkrankenhäusern zu dienen.

Dem engen und guten Kontakt mit seinem Bruder Hermann und dessen Interesse für die Endokrinologie ist es zu verdanken, dass auch Bernhard Zondek schon im zweiten Studienjahr experimentelle Tierversuche durchführte und darüber eine erste Arbeit zum Einfluss von Schilddrüsenstoffen auf die Lungen vorlegte. In einem Interview sagte Bernhard Zondek später über den Dialog mit seinen Brüdern: „An der Medizinischen Fakultät arbeiteten wir ja nahezu Tür an Tür. Wenn ich heute zurückblicke, glaube ich, dass die Möglichkeit zum Austausch von Ansätzen und Ideen, die sich dadurch ergab, eine wichtige Anregung für jeden von uns war. Wir waren uns damals sehr nah und haben den fachlichen Austausch bis heute erhalten.”

Bernhard Zondek legte 1918 die Staatsprüfung ab und promovierte über das Thema „Zur Pathologie der Sublimatnephrose“. Im Anschluss arbeitete er einige Monate am Pathologischen Institut, bevor er im April 1919 als Assistent an der Gynäkologischen Klinik der Charité begann, der er später – bis 1929 – als deren Leiter vorstand. Daneben praktizierte Zondek auch in einer Kassenarztpraxis in Kreuzberg.

1923 habilitierte sich Bernhard Zondek als Privatdozent und wurde 1926 schließlich zum außerordentlichen Professor für Geburtshilfe und Gynäkologie an der Charité ernannt, was ihn mit nur 35 Jahren zu einem der jüngsten Professoren Deutschlands machte. In seiner Habilitationsschrift wandte er sich erneut endokrinologischen Problemen zu, was schließlich in eine enge Zusammenarbeit mit dem Gynäkologen Selmar Aschheim mündete. Gemeinsam entwickelten die beiden jüdischen Ärzte den ersten Test zum Nachweis einer Frühschwangerschaft. Die als Aschheim-Zondek-Reaktion bekannt gewordene Untersuchung wies erstmals das Hormon HCG im Urin von Schwangeren mit einer Treffsicherheit von 95 Prozent nach. 1927 trugen die beiden Gynäkologen ihre Entdeckung auf Fachkongressen vor und erlangten dadurch Weltruhm. Der Test ließ sich auch zum Nachweis tumorbedingter erhöhter Hormonproduktion einsetzen.

Von der guten, auch fachlichen Verbindung unter den Brüdern zeugt auch eine Erinnerung von Hermann Zondek an die Zeit in der Charité: „ Zum ersten Mal erzählte mir mein Bruder (Bernhard) von diesem Befund (Gonadotropin im Harn Schwangerer) bei unserem Morgenspaziergang, den wir am Samstagvormittag nach Beendigung meiner Vorlesung über Endokrinologie in den Höfen der Charité zu unternehmen pflegten. Oft gesellte sich dabei Selmar Aschheim zu uns, der mich gewöhnlich mit dem Scherznamen ,Hormon Zondek‘ anredete. Bei dieser Gelegenheit besprachen wir auch sonst endokrinologische Probleme, die uns gerade beschäftigten.“

1929 wechselte Bernhard Zondek an das Städtische Krankenhaus Berlin Spandau, wo ihm bessere Arbeits- und Forschungsmöglichkeiten geboten wurden und er seine endokrinologischen Untersuchungen fortsetzte. 1931 erschien sein über Jahrzehnte hinweg als wichtigstes Standardwerk des Fachgebietes geltendes Werk zum Thema „Die Hormone des Ovariums und des Hypophysenvorderlappens. Untersuchungen zur Biologie und Klinik der weiblichen Genitalfunktion.“

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Bernhard Zondek im September 1933 die Lehrbefugnis entzogen. Unter dem zunehmenden Druck und auf Rat von Kollegen verließ er schließlich Deutschland und emigrierte zunächst nach Schweden, wo er für ein Jahr als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Biochemischen Institut der Universität Stockholm arbeitete. Trotz zahlreicher Angebote aus aller Welt entschloss sich Bernhard Zondek 1934, einen Ruf an die Hebräische Universität Jerusalem anzunehmen und übersiedelte nach Palästina. Bis ein Labor am Campus der Universität für ihn eingerichtet werden konnte, nutzte Zondek den Keller eines leer stehenden Hauses mit größtenteils von ihm selbst beigesteuerter Ausrüstung. Neben seiner Lehrtätigkeit an der jungen Universität der Stadt gründete er ein Hormonforschungslabor am Hadassah Universitätskrankenhaus und wurde Leiter der Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie dieser Klinik.

1935 heiratete Dr. Zondek Maria Munk, die Tochter des aus Mähren stammenden Röntgenologen Prof. Julius Munk, die eine Tochter in die Ehe mitbrachte.

Bernhard Zondek legte über die Jahre hinweg zahlreiche, weltweit beachtete Veröffentlichungen in den Bereichen Gynäkologie und Endokrinologie vor und nahm Gastprofessuren im Ausland wahr. 1961 ging Dr. Zondek in Pension, setzte jedoch seine Lehr- und Forschungstätigkeiten im In- und Ausland unermüdlich fort.

Der Frauenarzt war Ehrenmitglied der israelischen Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie, Mitglied der israelischen Akademie der Wissenschaften, sowie Ehrenmitglied in knapp zwei Dutzend internationalen medizinischen Vereinigungen. Er erhielt Ehrendoktorwürden mehrerer Universitäten.

1958 wurde Bernhard Zondek mit der höchsten Auszeichnung des Staates Israel, dem Israel Preis für Medizin geehrt. Zuvor war er bereits mit dem Henrietta Szold Preis der Stadt Tel Aviv und dem Solomon Bublick Preis der Hebräischen Universität ausgezeichnet worden.

Bernhard Zondek starb im Alter von 75 Jahren im November 1966 während eines Aufenthaltes in New York.

Die Gebrüder Hermann, Bernhard und Samuel Zondek gehörten zu den herausragenden medizinischen Wissenschaftlern des 20. Jahrhunderts. Als Juden wurden sie 1933 aus dem ärztlichen Dienst entfernt; sie flüchteten über die Schweiz zunächst nach England beziehungsweise nach Schweden. 1934 ließen sich die Drei in Erez Israel nieder und führten dort ihre Forschungen auf den Gebieten der Endokrinologie, Gynäkologie und Pharmakologie erfolgreich fort. Die Zondek-Brüder trugen dazu bei, dass Israel zu einem bedeutenden Zentrum der Humanmedizin wurde.

Foto: Professor Bernhard Zondek, © Courtesy of the Leo Baeck Institute

Quellen:
G. Hinz, A. Ebert, Birgit Goetze, Der Exodus: Robert Meyer, Selmar Aschheim und Bernhard Zondek. Drei Namen für Tausende, in: Andreas Ebert, Hans Karl Weitzel (Hg.), Die Berliner Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie 1844-1994, Berlin und New York 1994.
Michael Finkelstein, Prof. Bernhard Zondek – An Interview, in: Journal of Reproduction and Fertility 12/1966.
Raffael Pompiansky, Prof. Bernhard Zondek s“l, in: Dapim refuiim, 12/1966 (hebr.).
M. Finkelstein, W.Z. Polishuk, S. Rozin, Bernhard Zondek, in: Israeli Journal of Medical Sciences, Nov-Dez. 1966.
Hermann Zondek, Auf festem Fuße. Erinnerungen eines jüdischen Klinikers, Stuttgart 1973.