Geb.: 1876 in Beuthen (Oberschlesien)
Fachgebiet: Dermatologie, Radiologie
Alija: 1933

Ludwig Halberstädter wurde 1876 in Beuthen in Oberschlesien als Sohn eines Kaufmanns geboren. Nach dem Studium in Breslau und Heidelberg, das er 1903 mit der Promotion abschloss, war er zunächst als Dermatologe tätig. Als Assistent bei Prof. Albert Neisser, Entdecker des Erregers der Gonorrhoe, an der dermatologischen Klinik in Breslau nahm er 1905 und 1907 an den beiden Forschungsreisen Neissers nach Java teil, wo durch Versuche an Affen die Ursachen der Syphilis erforscht wurden. Halberstädter konnte in Jakarta gemeinsam mit dem Zoologen Stanislaus von Prowazek Einschluss-Körperchen in der Bindehaut von Trachomkranken nachweisen. Die medizinische Bezeichnung dieser für die Ursachenforschung der Augenerkrankung enorm wichtigen Entdeckung lautet heute „Halberstädter-Prowazek-Einschluss-Körperchen“.

Nach der Rückkehr aus Java widmete sich Halberstädter zunehmend der Arbeit mit Röntgen- und Radiumstrahlung. Ausgehend von der Dermatologie untersuchte er die therapeutische Anwendung von Bestrahlungen bei krankhaften Hautveränderungen. Er beschrieb zudem als erster die Wirkung von Bestrahlungen der Eierstöcke und die daraus entstehenden Gefahren. Er forderte daher ausreichenden Schutz für weibliche Mitarbeiterinnen im Labor sowie die Berücksichtigung bei therapeutischer Anwendung.

1907 zog er nach Berlin und war zunächst am Pathologischen Institut der Charité und im Anschluss als Assistent am Radiuminstitut des Hauses tätig. Nach Ende des Ersten Weltkriegs entschied sich Halberstädter endgültig für die Radiologie und gehörte zu den ersten Mitarbeitern des international führenden Universitäts-Instituts für Krebsforschung an der Charité. 1926 wurde er außerordentlicher Professor für Dermatologie und Strahlentherapie. Die Leitung der Bestrahlungsabteilung in Berlin-Dahlem wurde ihm 1930 übertragen. Halberstädter leistete Pionierarbeit im Bereich der Behandlung von Haut- und Kehlkopfkrebs und experimentierte mit der Steigerung der Voltzahlen bei der Strahlentherapie an sich selbst. Seine Forschung wurde später vom British Medical Journal als herausragend bezeichnet.

1933 verlor Halberstädter sowohl Anstellung als auch Lehrauftrag und ging noch im Mai desselben Jahres, mit 200 Milligramm Radium im Gepäck, nach Palästina. Er übernahm die radiologische Abteilung im Hadassah Jerusalem, an der als erste im Land auch Strahlentherapie angewandt wurde und die sich zum größten Strahlentherapiezentrum der Region entwickelte.

1935 wurde er zum Professor für Radiologie an der Hebräischen Universität Jerusalem berufen. Das Institut wurde im Unabhängigkeitskrieg 1948 zerstört, für ihn ein schwerer Schicksalsschlag. Halberstädter starb 1949 während einer Reise in New York, wo er neue Techniken der Krebstherapie untersuchte. „Es ist symbolisch für den rastlosen Forschergeist, dass er mitten während seiner Untersuchungen in einem hiesigen Laboratorium zusammenbrach“, heißt es im Nachruf der deutsch-jüdischen Emigrantenzeitung AUFBAU. Halberstädter hinterließ eine Frau und einen Sohn.

Quellen:
British Medical Journal vom 14. Mai 1949.
Marlin Levin, It Takes a Dream. The Story of Hadassah, Jerusalem 2002.
Aufbau vom 29. 4. 1949.
Albrecht Scholz, Ludwig Halberstädter (1876-1949), in: Dermatologische Monatsschrift 162 (1976).