Geb.: 1909 als Annemarie Oettinger in Hamburg
Fachgebiet: Allgemeinmedizin
Alija: 1935

Annemarie Oettinger wurde als Tochter des jüdischen Allgemeinmediziners Moritz Oettinger am 17. Oktober 1909 in Hamburg geboren. Sie besuchte die Helene-Lange-Oberrealschule und verließ diese 1929 mit dem Reifezeugnis. Danach studierte Annemarie Oettinger Medizin an den Universitäten in Hamburg, Frankfurt/Main und Freiburg. Das medizinische Staatsexamen bestand sie 1934, ihre Promotion erfolgte 1935 an der Universität Hamburg. Da ihr Vater schon 1933 verstorben war und sich die junge Frau frühzeitig für die zionistische Idee begeistert hatte, emigrierte die Ärztin sofort nach Erlangung ihres Doktordiploms allein nach Palästina.

In ihren Memoiren erinnert sie sich an diese Reise ohne Wiederkehr: „Ende November 1935 wanderte ich ein. Ich fuhr auf dem Ärzteschiff Galiläa nach Haifa. Auf dem Schiff zählten wir über 100 Ärzte, 10 davon aus Hamburg. Im Ganzen waren auf dem Schiff 300 Passagiere, darunter die Familienangehörigen der Ärzte. Wir sahen uns an: Woher nehmen wir die Patienten?“

Die 26-Jährige fand in Palästina zunächst keine Anstellung im medizinischen Bereich. Es gab zu viele Ärzte und sie verfügte nur wenig über berufliche Erfahrung. Nach einer zweijährigen Assistenzzeit am Hadassah Hospital in Jerusalem wurde der jungen Ärztin, sie hatte zwischenzeitlich den hebräischen Namen Mirjam angenommen, eine Stelle zur medizinischen Betreuung von eingewanderten jemenitischen Juden in einer Siedlung südlich der Stadt Hadera angeboten.

1944 heiratete sie den aus Deutschland stammenden Handwerker Werner Cohn und kümmerte sich im Auftrag der Kupat Cholim weiterhin um die Behandlung und Versorgung von Neubürgern. Danach war Mirjam Cohn für etwa 20 Jahre als Familienärztin in der Kleinstadt Or Akiva tätig. Die gebürtige Hamburgerin verstarb 1988 in Hadera.

Quellen:
Anna von Villiez, Mit aller Kraft verdrängt. Entrechtung und Verfolgung „nicht arischer“ Ärzte in Hamburg 1933 bis 1945, Hamburg 2009.
Lebenslauf aus der Dissertation „Über die Berechnung der Grundumsatzabweichung aus Pulsfrequenz und Pulsdruck mittels der Readschen Formel“, Universität Hamburg 1935.