Geb.: 1899 in Breslau
Fachgebiet: Kinderheilkunde
Alija: 1941

Dr. Franz KarpelFranz Heinrich Karpel wurde am 13. August 1899 in Breslau geboren. Die Familie lebte assimiliert, der Vater, Dr. Max Karpel, war praktischer Arzt. 1917 legte Franz am Johannes Gymnasium in Breslau das Abitur ab. Kurz darauf trat er in die Armee ein und wurde als Sanitäter eingesetzt.

Nach der Entlassung im Frühjahr 1919 nahm er in seiner Heimatstadt das Studium der Medizin auf. Nach drei Semestern in Berlin kehrte er nach Breslau zurück, wo er Ende 1922 das Staatsexamen ablegte. Es folgte ein Praktikum an der II. Medizinischen Universitätsklinik der Charité in Berlin und die Fachausbildung zum Pädiater. Im Januar 1924 ließ er sich in Breslau nieder, wo er anfangs seinen erkrankten Vater vertrat und nach dessen Tod die Praxis übernahm. 1926 wurde Dr. Karpels Dissertation „Über den Zusammenhang von Krebs der Gebärmutter und des Eierstocks“ veröffentlicht.

1934 heiratete Franz Karpel Lilli Weiß. Sohn Ralph Robert wurde 1935 geboren.

Bis 1938 arbeitete Dr. Karpel zunächst im Universitätskrankenhaus Breslau wie auch in der privaten Praxis. Erst dann flüchtete die Familie, zunächst auf ein Gut des Schwiegervaters in Weißwasser im Sudentenland, später in einen Vorort von Prag.

Die Genehmigung zur Ausreise erhielt Dr. Karpel, nachdem sich einflussreiche Bekannte seiner Schwiegereltern für ihn eingesetzt hatten, auf direkte Einwirkung von Adolf Eichmann hin. Das Schiff nach Chile, für das bereits Tickets organisiert waren, verpasste die Familie jedoch, so dass als letzte Möglichkeit die Türkei blieb.

Dort angekommen wurde Dr. Karpel genötigt, sein Vermögen in eine Wachstuch- und eine Apfeldörr-Fabrik zu investieren. Als das Geld aufgebraucht war, wurde die Familie in Istanbul festgesetzt und auf ein Schiff verfrachtet, das nach Palästina auslaufen sollte. Die Darien II war das letzte Schiff bis zum Kriegsende, dem die Überfahrt mit Flüchtlingen nach Palästina gelingen sollte. Kurz vor der Abreise erhielten die Karpels Zertifikate für die Einreise, was ihnen jedoch nur bedingt helfen konnte.

Die Passage dauerte drei Wochen. Bei der Ankunft in Haifa im März 1941 wurde das Schiff von der englischen Marine gekapert. Die knapp 800 Passagiere wurden in das Internierungslager Masra, nördlich von Akko, und dann ins Internierungslager Atlit gebracht.

Dr. Karpel wurde mit Frau und Sohn nach drei Monaten entlassen, völlig mittellos, ohne Kleidung zum Wechseln, ohne eine Aussicht auf Wohnung und Anstellung. Per Zufall verschlug es die Familie nach Haifa. Im Rückblick kann sich Robert Karpel nicht erklären, wie sich die Familie über Wasser gehalten hat. Dr. Franz Karpel erhielt keine Lizenz von den britischen Behörden und konnte daher nur ohne Bezahlung im Rothschild Krankenhaus arbeiten.

Seine medizinische Zulassung erhielt er erst nach der Gründung des Staates Israel. Zunächst arbeitete er in den Auffanglagern für Neueinwanderer, den sog. Maabarot, was ihn beruflich begeisterte. Er konnte hier viel mehr Patienten behandeln und ihnen helfen, als das in einer Praxis möglich gewesen wäre. Auch nach 1952, als er schließlich zuhause in Haifa eine Privatpraxis eröffnete, kamen viele der ehemaligen Einwanderer zu ihm. Daneben gehörte das mitteleuropäische Publikum, das am Carmel residierte, zu seinen Patienten.

Dr. Karpel fühlte sich seinem Beruf streng verpflichtet, besuchte Patienten auch unaufgefordert zuhause und behandelte, wenn nötig, umsonst oder im Austausch von Naturalien. Robert Karpel erinnert sich daran, dass in der Badewanne stets Fische schwammen, im Hof Hühner liefen und sein Vater stets auf Hochglanz polierte Schuhe hatte, da viele Patienten nicht anders bezahlen konnten. Seine Frau Lilli organisierte die Praxis.

Äußere Kennzeichen von Dr. Karpel waren ein Querbinder und ein weißes Hemd, die er stets trug, sowohl bei der Arbeit, wie auch in der Freizeit oder auf Reisen.

Dr. Karpel arbeitete bis zu seinem Tod in der Privatpraxis weiter. Er erkrankte schließlich an Multipler Sklerose und starb 1965.

Foto: Dr. Franz Karpel, 1957. © Dr. Robert Karpel

Quelle:
Interview mit Dr. Robert Karpel, 30.09.2013.
Franz Karpel, Lebenslauf aus der Dissertation „Über den Zusammenhang von Krebs der Gebärmutter und des Eierstocks“, Breslau 1926.