Geb.: 1895 in Frankfurt/Main
Fachgebiet: Allgemeinmedizin
Alija: 1933

Ludwig wurde am 25. September 1895 in Frankfurt/Main als Sohn des Mediziners Alfred Günzburg geboren. Seine Schulausbildung schloss er 1914 mit der Reifeprüfung am Frankfurter Realgymnasium ab. Er nahm zunächst ein Medizinstudium in Freiburg und Frankfurt auf, musste dieses jedoch wegen seiner Einberufung zum Militär für ein Jahr unterbrechen. Nachdem der junge Mann 1916 wieder studieren durfte und ein Jahr später die ärztliche Vorprüfung ablegen konnte, erfolgte ein erneuter Heeresdienst mit anschließender Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung beendete er sein Studium an den Universitäten Frankfurt und Freiburg; 1921 promovierte Günzburg „Über den Einfluss des osmotischen Druckes und der Konzentration der H- und Ca-Jonen auf die isolierte Froschmuskelfaser und deren Koffeinempfindlichkeit“ und erhielt seine Approbation. Es folgten Volontariate am Pharmazeutischen Institut in Freiburg, am Krankenhaus München-Schwabing und an der Medizinischen Universitätsklinik in München. Dr. Günzburg kehrte im Anschluss nach Frankfurt zurück, wo er sich als praktischer Arzt niederließ.

Als Mitglied im Verein sozialistischer Ärzte erhielt er unmittelbar nach der „Machtergreifung“ Berufsverbot. Mit einem Besuchervisum reiste Ludwig Günzburg nach Palästina und erkundete die Möglichkeiten einer Emigration. Im Herbst 1933 folgten seine Frau Gertrud und die drei Kinder Eva (Tirza), Friedel (Rafael) und Heiner (Benjamin). Der Versuch eine Beschäftigung am Hadassah  Hospital zu bekommen scheiterte, gleichwohl erhielt der deutsch-jüdische Mediziner eine der begehrten Arztlizenzen. Die Familie ließ sich in Ramot Haschawim nieder und züchtete Hühner. Dr. Günzburg eröffnete eine kleine Privatpraxis und kaufte sich einen Esel, mit dem er in der Region Krankenbesuche machte. 1935 gelang es auch seinem 74 Jahre alten Vater Alfred, nach Palästina einzureisen; er wohnte bis zu seinem Tod 1946 im Haus seines Sohns in Ramot Haschawim.

Nachdem Alfred Günzburg die ersten schweren Jahre überwunden hatte, übertrug ihm die Kupat Cholim die Leitung eines Pflegeheims für chronisch kranke Menschen. Später gründete Dr. Günzburg in Ramot Haschawim mit dem Beit Finestone das erste israelische Rehabilitationszentrum für Unfall- und Kriegsverletzte, dessen Leitung er bis 1965 innehatte. 1959 fusionierte das Haus mit der in Raanana ansässigen TB-Lungenheilanstalt Beit Levinstein. Unter diesem Namen besteht das Krankenhaus und Sanatorium bis heute, es gehört zu den renommiertesten Häusern in Israel. Auch im Alter von 70 Jahren dachte der deutsch-jüdische Mediziner noch nicht an den Ruhestand: Er stand seiner Klinik weiterhin als Berater zur Verfügung und arbeitete bis zu seinem 79. Lebensjahr als ärztliche Teilzeitkraft bei der Kupat Cholim. Nach einer schweren Krankheit starb Dr. Günzburg 1976 im Alter von 81 Jahren.

Quellen:
Benny Toren, Die Familie Günzburg (Toren) von Frankfurt am Main, unveröffentlichtes Manuskript 2004, Archiv Birgit Seemann, Rodgau.
Siegmund Drexler u. a., Ärztliches Schicksal unter der Verfolgung 1933–1945 in Frankfurt am Main und Offenbach, Frankfurt/Main 1990.
Nissim Levy/Jael Levy, Rofeiha schel Erez-Israel 1799–1948, Haifa 2008 (hebr.).
Nachruf Alfred Günzburg, in AUFBAU, 11. Januar 1946
Lebenslauf aus der Dissertation, Ludwig Günzburg, Über den Einfluss des osmotischen Druckes und der Konzentration der H- und Ca-Jonen auf die isolierte Froschmuskelfaser und deren Koffeinempfindlichkeit, Freiburg 1921.