Geb.: 1881 Dresden
Fachgebiet: Gynäkologie/Chirurgie
Alija: 1936

Kurt Martin Fleischer wurde am 19. Juni 1881 in Dresden als Sohn des Kaufmanns Julius Fleischer und seiner Frau Martha geboren. Nach der Grundschule besuchte er das Louisenstädtische Gymnasium in Berlin und nahm nach dem Erhalt der Hochschulreife 1899 ein Medizinstudium an der Friedrich-Wilhelms-Universität in der Reichshauptstadt auf. 1904 bestand der Student das ärztliche Staatsexamen und arbeitete anschließend als Medizinalpraktikant an der Inneren Abteilung des städtischen Urban-Krankenhauses. 1905 erhielt er die Approbation und promovierte erfolgreich über das Thema „Zur Lehre von den herzsynchronen Thorakal-Geräuschen“.

Doktor Fleischer eröffnete in Berlin-Schöneberg als Frauenarzt und Chirurg eine eigene Praxis. Ab 1914 leistete er als Oberarzt seinen Wehrdienst in einer deutschen Artillerie-Brigade; 1915 wurde er verwundet und diente nach seiner Genesung fortan in einem Berliner Lazarett. 1918 nahm Kurt Martin Fleischer seine Tätigkeit als niedergelassener Arzt wieder auf und führte seine Praxis bis zum Ende der 1920er Jahre. Zu dieser Zeit eröffnete der Mediziner eine kleine Privatklinik in der Budapester Straße. Zusätzlich arbeitete er ab Anfang der 1930er Jahre in der gynäkologisch-chirurgischen Abteilung am Jüdischen Krankenhaus Berlin. Neben seiner beruflichen Tätigkeit engagierte sich der Arzt in der Repräsentantenversammlung der Berliner Jüdischen Gemeinde. Er hatte den Vorsitz der religiös-liberalen Fraktion inne.

Dr. Fleischer mit Frau Julia und den beiden Kindern Ursula und Frank kurz vor der Emigration nach PalästinaKurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten musste Dr. Fleischer seine Privatklinik schließen und arbeitete nun ausschließlich am Jüdischen Krankenhaus in Berlin. Obwohl er noch 1935 das „Ehrenkreuz für Frontkämpfer“ verliehen bekam, sah der jüdische Arzt für sich und seine Familie keine Zukunft mehr in Deutschland. 1936 emigrierten Kurt Martin Fleischer, seine Frau Julia und die beiden Kinder Ursula und Frank nach Erez Israel. Ein Jahr zuvor war der Arzt bereits zu einer Stippvisite nach Palästina aufgebrochen, um sich über die Gegebenheiten zu informieren. Nach seiner Rückkehr hatte er der „Jüdischen Allgemeinen Zeitung“ ein Interview gegeben: „Palästina gehört der heldischen Jugend“, erklärte er dem Journalisten und meinte damit, dass das Land für ältere Neueinwanderer wohl eher nicht zu empfehlen sei.

Wenngleich Kurt Martin Fleischer mit 55 Jahren nicht mehr zu den Jüngsten zählte, ließ er sich nicht entmutigen. Da er zunächst keine Erlaubnis erhielt als Arzt zu arbeiten, musste er mit verschiedenen Hilfstätigkeiten, wie etwa als Fensterputzer sein Brot verdienen, bis er endlich wieder in seinem alten Beruf tätig werden konnte. Dr. Fleischer eröffnete in Petach Tikwa eine eigene Praxis und war zusätzlich ehrenamtlich für den „Magen David“, dem jüdischen Pendant des „Roten Kreuzes“ tätig. Er bot Erste-Hilfe-Kurse an und versorgte verwundete Kämpfer der Hagana, der illegalen jüdischen Heimwehr.

Rezeptblock, Praxis Dr. Fleischer in Petach Tikwa

Kurz nach Vollendung seines 63. Lebensjahres starb Kurt Martin Fleischer im August 1944 in Petach Tikwa.

Fotos:
Dr. Fleischer mit Frau Julia und den beiden Kindern Ursula und Frank kurz vor der Emigration nach Palästina.
Rezeptblock, Praxis Dr. Fleischer in Petach Tikwa
Repros: © Ronny Dotan

Quellen:
Kurt Martin Fleischer, Lebenslauf aus der Dissertation „Zur Lehre von den herzsynchronen Thorakal-Geräuschen“, Berlin 1905.
Land der Jugend. Eindrücke aus Palästina, Unterredung mit Dr. Kurt Fleischer, in Jüdische Allgemeine Zeitung, 9. Januar 1936.
Biografische Notizen von Ronny Dotan, Privatarchiv Tatjana Ruge, Berlin.
Eintrag Fleischer, K. M. Dr., in: Berliner Adressbücher, http://adressbuch.zlb.de/
Joachim Rott, „Ich gehe meinen Weg ungehindert geradeaus“. Dr. Bernhard Weiss (1800-1951) Polizeivizepräsident in Berlin, Berlin 2010.