Geb.: 1899 in Stanislau (Galizien), aufgewachsen in Düsseldorf
Fachgebiet: Kinderheilkunde
Alija: 1937

Adolf Sindler wurde am 4. März 1899 in der Stadt Stanislau in der heutigen Ukraine geboren. 1903 kam er mit seinen Eltern nach Düsseldorf. Nach der Volks- und jüdischen Religionsschule besuchte Adolf Sindler das städtische Realgymnasium, an dem er 1917 die Reifeprüfung ablegte. Sofort meldete sich der junge Mann zum Kriegsdienst; als Fähnrich und mit Auszeichnungen wurde er 1918 aus der Armee entlassen.

Sindler begann mit dem Studium der Medizin an den Universitäten Bonn, Münster sowie Köln und beendete dieses 1922 mit seiner Dissertation „Über den Chlorspiegel des Blutes“. Ein Jahr später legte er eine zusätzliche, diesmal medizinisch-philosophische Arbeit vor und erhielt dafür von der Universität Münster einen weiteren Doktortitel (phil.). Anschließend arbeitete Sindler zunächst als Praktikant und ab 1924 als Privatassistent bei Professor Arthur Schlossmann, dem Chef der Kinderklinik an der Medizinischen Akademie in Düsseldorf.

Da Schlossmann die große Ausstellung „Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen“ („Gesolei“) vorbereitete, engagierte sich auch Sindler mit Begeisterung bei dieser Schau – mit einem eigenen jüdischen Pavillon. Zusammen mit dem Düsseldorfer Rabbiner Max Eschelbacher edierte er unter dem Titel „Hygiene der Juden“ überdies ein Sonderheft der Zeitschrift „Menorah“ zu diesem Thema.

Als engagierter Zionist war Adolf Sindler auch maßgeblich an der Gründung des jüdischen Sportvereins Makkabi Düsseldorf beteiligt. Zudem hatte er den Posten des Vizevorsitzenden der örtlichen Gruppe der Zionistischen Vereinigung für Deutschland (ZVfD) inne und einen Sitz in der Repräsentanz der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. 1927 verließ Sindler die städtische Kinderklinik und eröffnete eine Praxis als Kassenarzt. Schnell wurde er zu einem der am meisten nachgefragten Kinderärzte in der Stadt. „Als Arzt ist Herr Dr. Sindler bei der Altstadtbevölkerung sehr geschätzt und beliebt. Zu jeder Tages- und Nachtzeit war Herr Dr. Sindler ein stets hilfsbereiter Arzt“, schrieb beispielsweise ein Kriminalbeamter in einer Stellungnahme. Obwohl Sindler als „Frontkämpfer“ nicht unter die „Verordnung über die Zulassung von Ärzten bei den Krankenkassen“ fiel, wollte man ihm die Zulassung entziehen. Der jüdische Mediziner legte Beschwerde ein und fügte verschiedene Empfehlungen, wie etwa auch das Schreiben eines Bürgervereins, bei: „Es ist hier allgemein bekannt, dass er die Kinder gerade ärmerer Volksgenossen meistens ohne Entgelt behandelt.“ Letztlich durfte Adolf Sindler die Kassenzulassung aufgrund seiner Teilnahme als „Frontsoldat“ im ersten Weltkrieg vorerst behalten. Doch zwei Jahre später wurde ihm die 1920 verliehene deutsche Staatsbürgerschaft aus „rassischen“ Gründen entzogen. Damit verbunden war auch der endgültige Verlust der Kassenzulassung. Die Patienten hielten gleichwohl zu ihm: Seine Praxis verbuchte einen noch größeren Zulauf als zuvor.

Obwohl sich Sindler mit aller Kraft gegen immer neue Repressalien wehrte und sich „gleichsam in den deutschen Boden einkrallte“, war er gezwungen, 1936 die Praxis aufzugeben und seine Auswanderung vorzubereiten. Im Oktober 1937 trat er seine unfreiwillige Reise nach Palästina an. Er hatte Glück: Eine Genehmigung, seinen Beruf als Kinderarzt wieder auszuüben, erteilten ihm die britischen Behörden schon nach relativ kurzer Wartezeit, sodass er in Haifa eine Praxis eröffnen konnte. Sein großer Traum von einer eigenen Säuglingsklinik ließ sich jedoch nicht verwirklichen. Da seine Praxis mehr schlecht als recht lief, meldete sich Sindler 1942 als Stabsarzt im „Royal Medical Corps“ zur britischen Armee. Diesen Posten behielt er bis zum Ende der Mandatszeit im Mai 1948. In den Jahren 1946 und 1947 war Sindler als „Re-education Officer“ in einem Lager für deutsche Kriegsgefangene im ägyptischen Fanara tätig, um dabei zu helfen, die „irregeleiteten Seelen unserer deutschen Kriegsgefangenen zum Bessern zu erziehen“. Er organisierte ein reiches Kulturprogramm und gründete sogar einen Lagerverlag, in dem er unter anderem seinen autobiografischen Roman „Blätter einer Liebe“ veröffentlichte. Die Geschichte spielt in Düsseldorf und der Ich-Erzähler ist ein junger Kinderarzt.

Nach seinem Abschied aus der britischen Armee arbeitete Sindler erneut als Kinderarzt, diesmal für den öffentlichen Gesundheitsdienst des Staates Israel und betreute unter anderem Patienten in einem Auffanglager für Neueinwanderer. Im Alter von nur 66 Jahren verstarb Adolf Sindler 1965 in Haifa. Zeit seines Lebens ließ ihn die große und unerwiderte Liebe zur rheinischen Heimat nicht los: „Am liebsten hätte er seine Stadt Düsseldorf auf dem Karmelberg wieder aufgebaut“, so der Historiker Falk Wiesemann.

Fotos:
Adolf Sindler (1. v. l.) mit Kollegen der Düsseldorfer Kinderklinik, © Foto: Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf
Titelseite der von Adolf Sindler herausgegebenen „Menorah“ Sondernummer zur Ausstellung „Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen“, Repro: nurinst-archiv

Quellen:
Falk Wiesemann, Adolf Sindler (1899–1965). Kinderarzt und aktiver Zionist in Düsseldorf und Haifa, in: Kurt Düwell/Angela Genger/Kerstin Griese/ Falk Wiesemann (Hg.), Vertreibung jüdischer Künstler und Wissenschaftler aus Düsseldorf 1933–1945, Düsseldorf 1998.
Eduard Seidler, Jüdische Kinderärzte 1933–1945. Entrechtet. Geflohen. Ermordet, Freiburg 2007.
Nissim Levy/Jael Levy, Rofeiha schel Erez-Israel 1799–1948, Haifa 2008 (hebr.).
Sabine Brandes, Der Exodus der jüdischen Ärzte aus Düsseldorf, in: Rheinisches Ärzteblatt, April 1998.