Geb.: 1895 in Berlin
Fachgebiet: Allgemeinmedizin, Gynäkologie
Alija: 1938

Wolf Walter Osterweil wurde 1895 in Berlin geboren. Sein Vater war als Kind aus Galizien nach Berlin gekommen und arbeitete in einem Gemischtwarenladen, den er später übernahm. Wolf hatte drei Brüder und eine Schwester, ein Bruder verstarb im Kindesalter. Wolfs Mutter Frederike, geb. Wagner, die aus Altona stammte, starb bei der Geburt des kleinen Bruders. Der Vater heiratete ein Jahr später erneut, Wolf erinnert sich dankbar an Mariana, geb. Hirschfeld, aus Posen als aufopfernd und liebevoll wie eine biologische Mutter. Mit den Jahren konnte der Vater eine Zweigstelle des Geschäfts in Bellevue eröffnen und die Familie zog aus der Stadtmitte in die Flensburger Straße.

Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich Wolf freiwillig zur Armee und diente zunächst in einer Telegrafeneinheit nahe Berlins. Anfang 1915 kam er zur Kompanie 111 und kämpfte in Belgien und Frankreich. Nach dem Krieg studierte er Medizin in Gießen und Berlin und arbeitete dann im Israelitischen Krankenhaus in der Elsässer Straße, Berlin. Der Vater starb 1920.

Wolf heiratete Elisa Hecht, deren Eltern in Harzburg ein großes Hotel führten. Die Hochzeitsreise verbrachte das Paar in London. In Berlin lebten sie zunächst bei Verwandten und Wolf eröffnete eine eigene Praxis in der Elsässer Straße nahe dem Krankenhaus. 1925 wurde die Tochter Riba Rebekka geboren. Elisa wurde Physiotherapeutin und kümmerte sich zudem um die bürokratischen Angelegenheiten der stetig anwachsenden Praxis, die der jungen Familie ein sorgenfreies Leben ermöglichte.

Mit Hitlers “Machtergreifung” begann Wolf, die Emigration nach Palästina vorzubereiten. 1938 verließ die Familie schließlich Deutschland über Basel und Marseille und ließ sich zunächst in Tel Aviv nieder. Osterweil arbeitete unentgeltlich bei der Kupat Cholim, um das örtliche Gesundheitswesen und die Besonderheiten in Bezug auf Krankheiten und Patienten kennen zu lernen. Nach einem Jahr beschlossen die Osterweils, in ein Dorf, nach Tel Schalom bei Pardes Chana, zu ziehen. Dort bauten sie ein Haus, zu dem fünf Dunam Land, ein Hühnerstall und ein Esel gehörten.

Nachdem Osterweil noch immer keine Arbeitsgenehmigung hatte, eröffnete das Ehepaar ein kleines Café, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Das Café wurde als „Doctor’s Café“ bekannt. Osterweil kellnerte, seine Frau kochte. Zu den Stammgästen zählten bald viele britische Soldaten, die während des Krieges in der Nähe stationiert waren.

Nach einer längeren Krankheit begann Osterweil wieder als Arzt zu arbeiten und behandelte Patienten aus der ganzen Umgebung, darunter viele Araber aus dem Wadi Ara. 1945 konnte er verschiedene Vertretungen als Arzt der Kupat Cholim übernehmen und erhielt schließlich Anstellung in Kfar ha-roeh, wohin die Familie zog und eine große Praxis aufbaute. Die Behandlung der Patienten, unter ihnen viele jemenitische Neueinwanderer und Shoa-Überlebende, aus dem Dorf und der Umgebung, war mit vielen Hausbesuchen verbunden und Osterweil beschrieb die Zeit als nicht einfach, aber sehr erfüllend.

Elisa verstarb 1975, Osterweil blieb noch vier Jahre in Kfar ha-roeh und zog danach nach Netanja in ein Wohnheim. Er verstarb im Alter von 91 Jahren im Dezember 1986.

Quelle:
Erinnerungen von Dr. Osterweil, http://www.irgun-jeckes.org/?CategoryID=280&ArticleID=1920